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Elsa Sichrovsky
Im Allgemeinen empfinde ich mich als vergebungsbereite und „nette“ Person; allerdings machte ich in meinem zweiten Studienjahr eine Erfahrung, die meine Fähigkeit zu vergeben auf die Probe stellte. Mein Kollege Matt und ich sollten zusammen einen Vortrag zum Thema „Moderne englische Literatur“ halten und Matt ging mir dabei von Anfang an auf die Nerven. Meine pedantischen und anspruchsvollen Arbeitsgewohnheiten standen in Konflikt mit Matts spontaner Herangehensweise an das Projekt. Zu geplanten Diskussionen kam er oft zu spät, und Details, die ich für wichtig hielt, ließ er gerne aus. Kurz und gut, er war oft zu spät dran, seine Teile unseres Projektes zu vollenden, trotz meiner zunehmend hektischer werdenden Erinnerungsmails. Nur drei Tage vor der Präsentation bemerkte ich, Matt hatte den Schlussteil noch nicht fertig, für den er verantwortlich war und ich konnte ihn nicht erreichen. Matt schickte mir schließlich nur wenige Stunden vor der Frist eine hastig formulierte Schlussfolgerung, entschuldigte sich und erklärte, er habe sich mit anderen Dingen beschäftigen müssen. Wie ich erwartet hatte, konnte unsere Arbeit den Professor nicht überzeugen und während er die vielen Fehler des Teams aufzählte, entbrannte meine Wut gegen Matt. Ihn aber schien es nicht aufzuregen und ich hörte von einem Freund, Matt finde, seine Sache gut gemacht zu haben. Da es keine Befriedigung verschafft, jemanden schroff abzuweisen, der sich keiner Schuld bewusst ist, blieb ich äußerlich höflich und bewunderte mich selbst, jemandem gegenüber großmütig zu sein, der es so wenig verdiente. Zwei Monate später, in einem anderen Kurs, sollte ich mit Celine an einer Präsentation über „Japanische Grammatik“ arbeiten. Ich glaubte, mein Bestes gegeben zu haben, aber während der F&A-Phase für unser Team wurde klar, ich hatte einige der Begriffe, die wir präsentierten, komplett missverstanden, und so bekam unser Team wieder eine schlechte Punktzahl. Ich erwartete Celines Verärgerung, stattdessen aber tröstete sie mich und half mir, die nötigen Veränderungen für die endgültige Version vorzunehmen. Celines Vergebungsbereitschaft brachte meine Seele in Aufruhr, stand sie doch in Kontrast zu meinem Groll gegen Matt.
Im Rückblick auf die letzten Wochen erkannte ich, wie ich Matt nicht wirklich vergeben und mich auch nicht zurückgehalten hatte, gegenüber meinen Freunden einige abfällige Bemerkungen über Matt zu machen. Matt war spät dran gewesen oder vielleicht auch uninteressiert, aber mir wurde schmerzlich klar, selbst ebenfalls ein unachtsamer Student zu sein, der ein Team zum Scheitern brachte. Ich hielt mich selber für tolerant und barmherzig, aber meine Reaktion auf Matt offenbarte etwas anderes. Obwohl ich Erbarmen nicht verdient hatte, gab Celine es mir freiwillig und ohne herablassend zu sein. Ich betete, ich möge durch diese Erfahrung etwas von der liebenden, demütigen Großzügigkeit des Geistes erlangen, die dem Wissen entspringt, wir sind alle fehlbar und brauchen alle die Vergebung unserer Mitmenschen.
Kunst © TFI. Text mit freundlicher Genehmigung von Activated Magazin.
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Victor Hugos literarischer Klassiker Les Misérables (Die Elenden) erzählt die Geschichte von Jean Valjean, dessen sowieso schon schwieriges Leben durch eine einzige Fehlentscheidung zu Fall gebracht wird, als er ein Brot für die hungernden Kinder seiner Schwester stiehlt. Als Konsequenz dieser Tat verbringt er die nächsten 19 Jahre im berüchtigten Zuchthaus von Toulon. Unfähig nach seiner Entlassung als ehemaliger Strafgefangener Arbeit zu finden, bettelt Valjean beim Haus des Bischofs von Digne. Dieser gibt ihm zu essen und ein Bett für die Nacht. Doch Valjean wird angesichts einer scheinbar trostlosen Zukunft von Verzweiflung übermannt. Er erliegt der Versuchung, stiehlt das Tafelsilber aus dem Hause des Bischofs und verschwindet in der Nacht.
Er kommt jedoch nicht weit, wird samt dem Silber verhaftet, zurückgeschleppt und dem Bischof gegenübergestellt. Wohl wissend, was mit Valjean geschehen wird, wenn er ein zweites Mal verurteilt würde, gibt der Bischof Valjean eine Chance und erklärt vor der Polizei: „Ich habe ihm das Silber geschenkt“.
Valjean ist von den gesetzlichen Folgen seiner Tat befreit, nicht aber von seinen schlechten Gewohnheiten. Nachdem er noch einmal stiehlt, wird er zu einer weiteren Entscheidung getrieben. Dieses Mal empfindet er Reue, und von jenem Augenblick an ist er ein anderer Mensch. In den folgenden Jahren erlebt er weitere Umbrüche und hat noch viele schwere Entscheidungen zu treffen, doch er bleibt dem neuen Kurs treu, den einzuschlagen ihm Gott geholfen hat.
Les Misérables ist eine bewegende Schilderung der erlösenden Kraft von Gottes Liebe. Doch sie illustriert gleichfalls, wie unser Leben von unseren Entscheidungen geformt wird. Selbst scheinbar kleine Entscheidungen können weitreichende Folgen haben. Wie können wir uns vergewissern, die richtigen Entscheidungen zu treffen? Der einzig richtige Weg ist, Gott in den Entscheidungsfindungsprozess mit einzubeziehen. Denn Er allein weiß, was am Besten ist. Er möchte sehen, wie wir eine Entscheidung treffen, und unterstützt uns immer, wenn sie gut ausfällt. Die weiseste Entscheidung, die wir treffen können ist, Ihn um Seine Hilfe zu bitten. Geschichte von Activated Magazin. Bilder mit freundlicher Genehmigung von http://lesmiserabletshoujocosette.wikia.com/wiki/The_Silver_Candlesticks
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December 2024
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