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Elsa Sichrovsky An meinem neunten Geburtstag bekam ich ein Buch über Malen mit Wasserfarben geschenkt. Ich war begeistert und blätterte eifrig die Seiten durch. Leider machte sich ziemlich schnell Enttäuschung breit – das ganze erste Viertel des Buches beschäftigte sich mit Farbübungen, der Beschreibung von Pinselstrichen und Farbmischungen. Wie langweilig! Seufzend blätterte ich durch das nächste Kapitel: Informationen über die verschiedenen Farbpinsel und Papierstärken.Das brauche ich doch alles gar nicht. Wann kommt endlich der spannende und schöne Teil? Ich blätterte weiter zur Mitte des Buches, wo ein Stillleben mit Erdbeeren meine Aufmerksamkeit erregte. Das vollendete Bild sah vielversprechend aus, und die detaillierten Anweisungen mit den abgedruckten Fotos schienen leicht zu befolgen zu sein. Jetzt ging es endlich los! Ich tunkte meinen Pinsel ins Wasser und begann. Der Grundfarbton zitronengelb für die Lichtreflexe auf meinen Erdbeeren war kein Problem. Aber als ich versuchte, die orangene Farbe für die Mitteltöne aufzutragen, stellte sich meine Mischung als viel zu wässerig heraus und enthielt viel zu wenig Farbe. Zuvor hatte ich noch nie Farben gemischt und keine Ahnung davon, wie man es richtig macht. Das dünne und qualitativ minderwertige Papier nahm die tiefen Rottöne für die dunklen Farbakzente nicht auf und löste sich in durchweichte Fetzen auf, die von den wässrigen Farbtönen durchtränkt waren. Ich hatte dem Papier nicht genügend Zeit zum Trocknen gelassen. Meine schönen Farben erinnerten mich an den von einer Plage getroffenen Nil! (Siehe 2. Mose 7:14-25) In einem verzweifelten Unterfangen, meine Bemühungen zu retten, versuchte ich, die grünen Kappen der Erdbeeren zu malen. Doch durch meinen viel zu großen Farbpinsel verlief die grüne Farbe mit der roten und formte auf dem Papier einen grotesken bräunlichen Teich. Als ich es endlich geschafft hatte, das durchweichte Chaos zu beseitigen, war ich fest entschlossen, nie wieder einen Farbpinsel in die Hand zu nehmen. Am nächsten Morgen sah die Welt jedoch schon wieder anders aus, und meine Niedergeschlagenheit vom Vortag war einem neuen Entschluss gewichen: Einen Teil meines kostbaren Taschengelds wollte ich für ordentliches Material ausgeben und mir Zeit nehmen, das Buch richtig zu studieren und zu üben. Zum guten Schluss hatte ich dann das Vergnügen, Landschaften und Stillleben malen zu können – ja, sogar die Erdbeeren – und ich erkannte, dass das „langweilige Zeug“ die Grundlage für meinen späteren Erfolg war. Oft ertappe ich mich dabei, meine Ziele schnell und einfach erreichen zu wollen. Dabei werde ich dann schnell frustriert und verliere den Mut, wenn es zu Hindernisse, Rückschläge und Schwierigkeiten kommt. Eine Wunderpille für den Erfolg habe ich noch nicht gefunden, aber der „Rote Nil“ erinnert mich immer wieder daran, mich ins Zeug zu legen und die mühsamen, unerfreulichen und harten Perioden durchzustehen. Dies ist der einzige Weg, um erfolgreich Erdbeeren auf eine Leinwand zu bannen. Geschichte mit freundlicher Genehmigung von Activated Magazin.
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